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Obmann

K


Wort des Obmannes

Meine Einstellung zu unserem Brauchtums-Verein möchte ich mit einem bekannten Zitat von Gustav Mahler in Verbindung bringen und so die Wichtigkeit unseres Wirkens beleuchten:

„Tradition ist Bewahrung des Feuers, nicht Anbetung der Asche“

Was versteht man unter Tradition oder Brauchtum? Wo sind die Grenzen? Wie soll man mit Volkskultur in der heutigen Zeit umgehen?

Als Heimatverein fühlen wir uns der Heimat verbunden. Mit unserer Tracht können wir uns identifizieren, sie ist speziell, sie ist unseren Zeitumständen angepasst und gehört zu unserem Heimatort. Die Präsentation unserer Kleider ist aber nur ein Baustein der Konstruktion unseres Vereines.

Feste Bräuche wollen wir erhalten, denn sie stehen für eine gewisse Sicherheit, die viele Menschen in der heutigen, schnelllebigen Zeit suchen. Bräuche vermitteln auch Gemeinschaft und Zusammenhalt.

Im Zeitalter der Globalisierung -  der Weltbürger sucht die Ferne, er will möglichst weit weg von zu Hause, natürlich unter vereinheitlichten Bedingungen, auf Lebensstandards kann keinesfalls verzichtet werden  – ist nun eine Wende erkennbar. Der Globalisierung steht nun die Regionalisierung entgegen.  Ein Vielgereister ist nichts Besonderes mehr. Besonders macht uns heute wirklich nur der Ort, aus dem wir stammen. Heimatverbundenes Wissen wird auf einmal interessanter als Berichte von fernen Orten, die ohnehin NUR wenige Flugstunden entfernt sind. Darum ist Brauchtum, Volkskultur und das Leben der Tradition bedeutend für unser Dasein und identitätsstiftend über Generationen hinweg. Die Angst vor der Zukunft, wo alles nur mehr digital funktioniert, bringt ein Verlangen nach etwas Greifbaren, das Bestand hat. Es genügt für den Beweis der Traditionsbewusstheit folgende Fragen zu beantworten: Warum ziehen wir gerne zu Feierlichkeiten die Lederhose an? Warum tragen die Besucher des Oktoberfestes Dirndl und Lederhose und nicht „moderne“ Kleidung? Warum wird der Musikant einer Tanzgruppe nicht durch „neue Medien“ ersetzt? Ja richtig, wir wollen uns mit unserer Region identifizieren und Beständiges bewahren.

Für viele Menschen kann das Verständnis und die Begeisterung der heimischen Volkskultur jedoch nur erreicht werden, wenn man ein zeitgemäßes Heimatgefühl vermitteln kann, sodass sich die Menschen geborgen fühlen. Eine Definition der Volkskultur besagt, dass sich diese nicht nur aus der überlieferten Tradition zusammensetzt, sondern auch aus deren Weiterentwicklungen.

Die Durchsetzung der Technik bringt Vorteile in wirtschaftlicher Hinsicht. Alles geht schneller, besser, einfacher und voll standardisiert, vieles wird im Handumdrehen geteilt und kopiert   - alles nicht mehr wegzudenken. Wie bringt man hier die überlieferten traditionellen Werte unter? Also eines steht außer Frage, mit rein konservativem Denken und Handeln nicht. Die Technik wird oft als Auslöser von Veränderungen verurteilt. In Wirklichkeit ist sie aber Bestandteil des kulturellen Wandels. Zum Beispiel wurde noch vor 70 Jahren Bilder von Veranstaltungen in unser Urkundbuch gemalt, so wurden diese schon nach zirka zwei Jahrzehnten durch eingeklebte Photographien vollständig ersetzt. Volkstänze und deren Tanzbeschreibungen und Melodien sind heute digitalisiert und können in großer Anzahl mühelos weitergegeben werden.

Ich sehe die Technik als durchaus wichtiges Werkzeug zur Bewahrung und Weiterentwicklung unsere heimischen Werte. Und das sage ich nicht nur weil ich beruflich viel mit Technik und Entwicklung zu tun habe. Moderne Technik soll unsere Handlungen vereinfachen, deren Effizienz verstärken und nicht Geliebtes verdrängen. Bei der Digitalisierung sind Kopie und Original gleichwertig, eine Objektgeschichte ist nicht vorhanden. Wird aber anhand einer digitalen Vorlage ein Stück per-formt und aufgeführt, so kann sich ein eigener Nutzen erschließen, der für den Verein von Bedeutung ist und der gelebt und geliebt wird. Tradition und Innovation sollen gemeinsam eine gesunde, heimische Volkskultur prägen.

Bräuche und Traditionen aus anderen Teilen unserer Welt können natürlich auch hier, selbstverständlich unter Einhaltung  gewisser Spielregeln, durchgeführt werden, sie dürfen aber heimische Gewohnheiten nicht ersetzen. Letzteres wird aber ohnehin verhindert, wenn die eigene Volkskultur stark gelebt wird und wenn man darauf stolz ist. In der Zeit der geballten Migration ist es umso wichtiger, ein solides, bodenständiges Bild unserer Volkskultur aufzuzeigen und die Begeisterung für die heimischen Bräuche zu übermitteln. Es hilft nichts, sich ständig über Zuwanderer zu beschweren und unfaire Bedingungen aufzuzeigen. Oder zu schimpfen, weil die Menschen aus anderen Kulturschichten ihre eigene Tradition bei uns ausleben. Wir sollten stattdessen unsere eigene Identität, unser Heimatgefühl, die Freude an der örtlichen Tradition hochhalten und auch zeigen.

 

Andreas J. Pröll

 

 
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